Visuelle Belastungen und Beschwerden
Bei der heutzutage intensiven Nutzung von Bildschirmgeräten durch den Automatisierungsprozess ist es von großer Bedeutung, dem Sehen bei dieser Tätigkeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Vor allem, wenn es unumgänglich ist, einen Großteil der täglichen (Arbeits-)Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen.
Einige Studien haben gezeigt, dass das Sehen am Bildschirm eine monotone Belastung für das visuelle System darstellt. Grund hierfür ist, dass keine oder nur geringe Abwechslung der Fixation der Augen vorliegt. So wird während der gesamten Arbeitszeit größtenteils der Bildschirm fixiert, wobei die Augen unterschiedliche Fixationsanreize benötigen, um einen natürlichen Sehvorgang gerecht zu werden.
Sofern dieser Aspekt in der täglichen Arbeitsorganisation berücksichtigt werden soll, ist es wichtig, dass das visuelle System in der Lage ist, alle notwendigen Entfernungen ohne Anstrengung scharf zu erkennen. Bei eventuell vorhandenen Fehlsichtigkeiten oder einer Presbyopie (Alterssichtigkeit), sollte eine entsprechende ergonomisch-optometrische Versorgung erfolgen.
Nicht jeder Arbeitsplatz erfordert das gleiche Korrektionsmittel. Eine falsch abgestimmte Anordnung von Arbeitsmitteln und verwendete Korrektion kann ebenfalls zu ungewollten visuellen Belastungen führen. Am Bildschirmarbeitsplatz können visuelle Belastungen entstehen durch:
- ungünstige Arbeitsplatzgestaltung
- Nicht angemessene Beleuchtungsverhältnisse
- Blendung verschiedenster Art (direkt, indirekte Blendung)
- Raumklimabedingungen
- Nicht ausreichend genaue Zeichendarstellung
- keine bzw. mangelhafte Korrektion evtl. vorhandener Fehlsichtigkeiten
- Alter
- Erkrankungen der Augen oder des visuellen Systems
Studien zeigen, dass die Bildschirmarbeit, bezogen auf das visuelle System des Menschen und die Augen, in mehreren Bereichen einen mehr oder minder großen Einfluss haben. Einigen Studien ist zu entnehmen, dass die Bildschirmarbeit mit asthenopische Beschwerden (Rocha und Debert-Ribeiro, 2004; Talwar et al., 2009) korreliert.
Eine weitere untersuchte Symptomatik im Zusammenhang mit Bildschirmarbeit ist das trockene Auge sowie eine allgemeine Veränderung des Tränenfilms. Demnach hat die Arbeit am Bildschirm Tränenfilm verändernde Auswirkungen, dass heißt, eine Dehydrierung des Tränenfilms aufgrund verlangsamter Lidschlagfrequenz und verminderte Tränensekretion (Nakaishi und Yamada, 1999; Wolkoff et al., 2005; Nakamura et al., 2010). Bei bis zu 74,5% der Bildschirmarbeiter wurde ein Trockenes Auge diagnostiziert (Wrbitzky und Rebe, 2007).
Andere erforschte, mit Bildschirmarbeit einhergehende, visuelle oder Augenbeschwerden sind schlechtere Lesefähigkeit (Bergqvist, 1989), erhöhte Blend- und Kontrastempfindlichkeit (Bergqvist, 1989 sowie Degle, 2005 und Sust et al., 2010), visuelle Ermüdung (Rocha und Debert-Ribeiro, 2004), Schlafstörungen (Siomos et al., 2010) sowie Veränderungen des räumlichen Sehens und der Wahrnehmungspräferenzen (Degle, 2005).
Physische Belastungen
Eines der Forschungsschwerpunkte sind die Auswirkungen der Bildschirmarbeit auf das Muskel-Skelett-System des Menschen. Zahlreiche Studien weisen auf eine Korrelation zwischen Bildschirmarbeit und Beschwerdeangaben hin, konnten jedoch teilweise keine statistische Signifikanz nachweisen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die Bereiche unterer Rücken, Nacken und Schultern. (Waersted et al., 2010; Andersen et al., 2011).
Andere Studien zeigen zum Teil signifikante Korrelationen zwischen Arbeitsdauer und -umgebung und Beschwerden im Schulter-/Nackenbereich sowie im unteren Rücken. (Klussmann et al., 2006; Talwar et al., 2009; Amstutz et al., 2010)
Es zeigte ich ein signifikanter Zusammenhang von Beschwerden dieser Art im Berufsfeld des Bildschirmarbeiters verglichen mit anderen Berufsgruppen (Bergqvist, 1989). Den Status “Berufskrankheit” in der Gruppe der Bildschirmarbeiter hat bisher nur das Beschwerdesymptom RSI (englisch: Repetitive Strain Injury) erreicht, was ein Überbegriff für Schmerzen in den Händen und Armen darstellt. Die Akzeptanzrate dieser Symptomatik als Berufskrankheit ist hingegen sehr gering (Sorgatz, 2002).
Einige Studien beschäftigen sich mit den Auswirkungen von ergonomischen Schulungen und erhalten Anweisungen zur Einrichtung des Arbeitsplatzes auf einen Rückgang von vorliegenden Beschwerdeangaben. Ein Beschwerderückgang konnte zwar in den meisten Fällen realisiert werden, jedoch ohne statistische Signifikanz (Juul-Kristensen und Jensen, 2005; Voerman et al., 2007; Talwar et al., 2009; Hakala et al., 2010; Mahmud et al., 2011).
Weiterführende Literatur
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Wrbitzky, R. und Rebe, Th. Das “Trockene Auge” am Bildschirmarbeitsplatz- Studie zur Häufigkeit und Abhängigkeit von den Arbeitsplatzumgebungsfaktoren [Bericht] // Medizinische Hochschule Hannover. -2007. -S. 585-587.